chevron-perlen, teil 1: die klassische form |
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Als Perlenmacher und Sammler freue ich mich ganz besonders Ihnen an dieser Stelle eine meiner Lieblingsperlen nahe bringen zu können. Während meiner vielen Reisen nach Berlin, Paris, Amsterdam, Kopenhagen und vor allem Venedig im letzten Jahrzehnt war es mir möglich, einige besonders schöne und ausgefallene Chevron-Perlen zu erstehen, sowie einige Perlenmacher und Glasmeister kennen zu lernen, die diese Technik nicht nur beherrschen, sondern auch zu neuen Höhen geführt haben. Einige der gezeigten Stücke sind mittlerweile fester Bestandteil meiner Sammlung geworden, andere warten in den Vitrinen meines Ateliers noch auf einen neuen Besitzer, oder auf die Aufnahme in eine besondere Halskette... Die Chevron-Perle ist sicherlich eines der wichtigsten und beeindruckendsten Erzeugnisse aus der großen Familie der gezogenen Perlen.
Die ersten bekannten Chevron Perlen entstanden vermutlich im 14. Jahrhundert in Venedig. Normalerweise bestanden sie aus 7 Lagen verschiedenfarbiger Gläser, und die Anzahl der Zacken variierte zwischen 5 und 21. Die Enden waren mit 6 grob angeschliffenen Facetten versehen, die das innere Muster sichtbar machten. Spätere Generationen hatten nur noch 3 oder 5 Lagen, was wohl zum Einen auf eine Vereinfachung des Herstellungsprozesses, zum Anderen aber auch sicherlich auf wirtschaftliche Gründe zurückzuführen ist.
In der abflauenden Konjunktur des 18. Jahrhundert schlossen sich etwa 25 Familien von Glasmachern auf Murano zur "Conterie" zusammen. In dieser Zeit entstand dort das heute noch am meisten verbreitete Design der Chevron-Perle: ein 12-zackiger Stern, mit einem Aufbau in 6 Lagen. Selbstverständlich wurde besonders in kleineren Betrieben eine große Anzahl an Variationen zu diesem Thema ausprobiert, und manche dieser eigentlich nicht für den regulären Verkauf hergestellten Perlen erzielen heute bei Sammlern Höchstpreise. Bei Constantini wurde z.B. in den 70er Jahren des 20. Jahrhunderts viel mit blassen Pastellfarben und Erdtönen experimentiert - ein schönes Beispiel ist die zartgrüne "Appelcore"-Chevron (Bild 1, ganz Rechts). Weitere Variationen entstanden ab den 80er Jahren unter anderem durch Luigi Cattelan, der noch heute ständig auf der Suche nach alten Chevron-Stangen ist, um ihnen eine neue Form zu verleihen (Bild 2, 2./4./5. von Links, Bild 5), sowie Davide Salvadore, dessen wunderschöne und in einem ganz eigenen Stil geschichtete Chevrons für ihn "nur" ein Teil seiner Skulpturen sind - jedoch für Liebhaber eine der schönsten zeitgenössischen Perlen Venedigs. Doch darüber mehr im zweiten Teil... Die Produktion der Chevron-Perlen geschieht immer in zwei Schritten: Am Anfang steht die Herstellung der Chevron-Stange, die im zweiten Schritt in Stücke zerteilt und zur Perle wird:
Nun wird diese Walze entweder an Eisenplatten mit Holzgriffen, oder an Stahlstangen angedockt, wo sie durch die Hitze anhaftet. Mit diesen Griffen wird die Walze nun in speziellen Hallen von zwei Glasmeistern durch sehr gleichmäßiges voneinander weggehen auf bis zu 90 Meter Länge ausgezogen und auf Buchenholz-Brettchen abgelegt, wobei auch gleichzeitig die Dicke der späteren Perlen bestimmt wird. Durch gleichzeitiges Verdrehen des Stranges entstehen die sogenannten "Twisted"-Chevrons mit spiralförmig verlaufendem Muster. Auch die Luftblase wird bei diesem Vorgang mit in die Länge gezogen, so dass eigentlich ein dickwandiges Glasrohr entsteht. Nach dem langsamen Abkühlen wird dieses "Rohr" in Meterstücke zerschnitten, die dann zur Weiterverarbeitung wiederum in kürzere, der gewünschten Länge der Perlen entsprechenden Stücke zerteilt werden. Kleinere Perlen werden im nächsten Arbeitsschritt mit Sand oder Keramikpartikeln zusammen heiß getrommelt, und erhalten dadurch ihre Rundungen. Grosse Perlen jedoch werden fast ausschließlich von Meistern ihres Fachs an Stein- und Diamantschleifscheiben in ihre endgültige Form gebracht und poliert, wobei mit viel Fantasie, Erfahrung und Kreativität immer wieder neue Formen entstehen.
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